Ein Ort, an dem Inklusion funktioniert
Die erste Kontaktaufnahme kam per Anruf: Kitaleitung Anna Gniatczyk meldete sich auf unsere E-Mail hin mit einem klaren Wunsch – eine inklusive Spielplatzgestaltung für den Außenbereich der neuen Kita sollte her. Die Herausforderung war jedoch groß: Die Wegeführung aus Asphalt und zwei vorab festgelegte Sandflächen waren bereits durch das Architekturbüro vorgegeben. Eine Planung im Bestand, die wenig Spielraum ließ.
Leider begegnet uns das immer wieder: Gebäudehülle und Außenraum werden getrennt geplant. Fenster und Türen, Wege und Beschattung – sie greifen nicht ineinander. Dabei braucht es genau das für einen Alltag, der funktioniert. Vor allem, wenn Zeit für Kompromisse immer knapper wird.
Umso wichtiger war es, gemeinsam frühzeitig auf die individuellen Bedarfe der Kinder zu schauen. Die Kitaleitung informierte uns offen über die vorhandenen Behinderungen in der Gruppe – und wir nahmen uns Zeit für eine ausführliche Beratung. Wir zeigten auf, wie gezielte Spielangebote die Entwicklung fördern können und worauf es bei der Auswahl der Spielgeräte sowie inklusiver Spielplatzgestaltung ankommt.
Und natürlich ist es gelungen: Wir haben den Wunsch nach einem Spielschiff – passend zum Namen „Kinderinsel“ – erfüllt. Dank durchdachter Priorisierung und bedarfsgerechter, inklusiver Spielplatzgestaltung konnte das Schiff seinen Platz finden. Die aufwendigen Garten- und Landschaftsbauarbeiten wurden mit kosteneffizienten Elementen ergänzt – ohne Kompromisse bei Qualität und Wirkung.Drei Jahre nach der Umsetzung des ersten Bauabschnitts haben wir von natürlich inklusiv die inklusive Kindertagesstätte Mira Lobe Kinderinsel in Hannover-Mittelfeld wieder einmal besucht. Bei strahlendem Sonnenschein leuchteten die frischen Blätter rund um den jungen Weidentunnel, der schon jetzt ahnen lässt, was er bald sein wird: ein lebendiger, grüner Rückzugs- und Erlebnisort. Der naturnahe und inklusive Spielplatz der Kita ist heute ein inspirierendes Beispiel für gelungene inklusive Spielplatzgestaltung.
Inklusive Spielplatzgestaltung in Hannover: Was macht die Außenfläche so besonders?
Ein Spielplatz funktioniert dann, wenn er intuitiv genutzt wird, zum Miteinander einlädt und von Kindern mit und ohne Behinderung gleichermaßen angenommen wird. Genau das erleben wir hier. Auf dem Gelände der Mira Lobe Kinderinsel wird getobt, beobachtet, gelacht, ausprobiert – jeden Tag, ganz selbstverständlich.
Die Kita der Diakovere Annastift Leben und Lernen gGmbH wurde 2020 als Neubau mit einem inklusiven Konzept eröffnet. Heute besuchen 53 Kinder mit und ohne Behinderung die Einrichtung. Die pädagogische Haltung der Offenen Arbeit spiegelt sich auch in der inklusiven Spielplatzgestaltung des Außengeländes wieder: keine Trennung zwischen Krippen- und Kindergartenkindern, sondern übergreifende Spielflächen mit durchdachten Übergängen und barrierefreien Wegen.
Naturnah & barrierefrei: Inklusive Spielplatzgestaltung mit Konzeptf dem inklusiven Schulhof
Die Ausgangslage war anspruchsvoll: Ein vorhandenes Wegenetz, alte Bäume mit schützenswertem Wurzelwerk, Höhen und Senken sowie zwei bestehende Sandspielflächen prägten das Gelände. Und genau deshalb entstand ein Spielraum, der vielfältige Erfahrungen ermöglicht:
- Über 50 % der Spielangebote sind barrierefrei erreichbar: Spielschiff, Matschanlage, Nestschaukel, Trampolin
- Sinneserfahrungen für alle Sinne: Duftpflanzen, Klangspiele, Spiegel, unterschiedliche Bodenmaterialien
- Vielfältige Bewegungsformen: Klettern, Schaukeln, Drehen, Kriechen, Rollen auf mehreren Niveaus
- Begegnung & Rückzug: Unter Bäumen, im Spielschiff, auf naturnahen Hügeln
- Lose Teile wie Eimer, Fahrzeuge und Gießkannen fördern freies, kreatives Spiel
Auch die Bepflanzung ist inklusiv gedacht: Lavendel, Salbei und Rosmarin duften nicht nur, sondern laden zum Entdecken, Fühlen und Erleben ein. Heimische Gehölze schaffen Lebensräume für Tiere und machen die Jahreszeiten erfahrbar.
Inklusionsmatrix DIN-TR 18034-2: Wie schneidet der Spielplatz ab?
Die Mira Lobe Kinderinsel wurde vor der Veröffentlichung der neuen DIN-TR 18034-2:2024-02 geplant. Trotzdem zeigt eine nachträgliche Bewertung, dass viele Kriterien der Inklusionsmatrix erfüllt sind:
- Barrierefreie Zugänge von mehreren Seiten
- Zwei-Wege-Prinzip & Zwei-Sinne-Prinzip teilweise vorhanden (z. B. visuelle Kontraste, verschiedene Bodenmaterialien)
- Spielstationen überwiegend barrierefrei erreichbar
- Sinneserfahrungen in allen Bereichen erfüllt
- Bewegungs- und Koordinationserfahrungen vielfältig möglich
- Soziale Interaktion & Rückzugsräume bewusst geschaffen
Einzelne Punkte wie ein flächendeckendes Leitsystem oder alternative Zugänge zu Aufbewahrungsboxen könnten im zweiten Bauabschnitt optimiert werden. Die Kita ist nicht öffentlich zugänglich, was den Bedarf an Leitsystemen aktuell reduziert.
Fazit: Ist Stufe 1 der Inklusionsmatrix erreichbar?
Der Außenbereich der Mira Lobe Kinderinsel wurde mit dem Ziel gestaltet, allen Kindern in der Tagesstätte – unabhängig von individuellen Fähigkeiten – eine gemeinsame Spielerfahrung zu ermöglichen. Dieses Ziel wurde erreicht. Viele Kriterien der Inklusionsmatrix sind bereits erfüllt. Einzelne Aspekte – wie ergänzende Orientierungshilfen oder eine noch klarere Vernetzung der Spielstationen – bieten Potenzial für Weiterentwicklung im zweiten Bauabschnitt.
Gleichzeitig zeigt sich: Inklusion gelingt nicht durch Technik allein, sondern durch Haltung, Nutzung und Alltag. Der Außenbereich wird von den Kindern täglich und selbstverständlich genutzt – das ist der stärkste Indikator für eine positive Wirkung.
Lose Teile fördern kreative, flexible Spielsituationen. Rückzugsräume und naturnahe Materialien unterstützen Kinder mit unterschiedlichsten Bedürfnissen, indem sie Ruhe vor einer ständigen Reizüberflutung durch Terminstress und den allgegenwärtigen digitalen Medien genießen können. Sollte künftig ein Kind mit einer Sehbehinderung die Einrichtung besuchen, könnte gezielt ein Förderantrag zur Nachrüstung taktiler oder auditiver Leitelemente gestellt werden – angepasst an den tatsächlichen Bedarf. Auch dieser vorausschauende Umgang mit Barrieren ist Teil eines inklusiven Verständnisses. Und das Team der Kita lebt Inklusion sichtbar – nicht nur räumlich, sondern im täglichen Miteinander. Drei Jahre nach der Umsetzung zeigt sich: Das Konzept funktioniert – weil es auf Beteiligung, Vielfalt und eine liebevolle Gestaltung setzt. Damit ist dieser Spielplatz ein Beispiel für inklusive Spielplatzgestaltung, die über Normen hinaus mitten ins Herz kindlicher Entwicklung trifft.



